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Verbündete im Kampf gegen den Schmerz

Experten des Klinikums Passau beteiligen sich am 1. Juni am bundesweiten Aktionstag – Telefon-Hotline geschaltet

Das Foto zeigt: (vorne v.l.) Hans Conrads, ärztlicher Leiter von Tagesklinik und Schmerzambulanz, Patientin Andrea Edenharder, Dr. Andras Steger; (hinten v.l.) MFA und Schmerzassistentin Stefanie Feiertag, alsgesiologischer Fachassistent Wolfgang Rösch und „pain nurse“ Jennifer Gollis. (Foto:Zanner/Klinikum Passau)

Von Elke Zanner

Ohne Schmerz könnten wir nicht überleben. Er schlägt Alarm, wenn im Körper etwas nicht stimmt. Doch wenn er sich verselbständigt, wird eine eigene Krankheit daraus. In Deutschland leiden etwas sechs Millionen Menschen so sehr unter chronischen Schmerzen, dass diese ihr ganzes Leben beeinträchtigen. Mit einem bundesweiten Aktionstag macht die Deutsche Schmerzgesellschaft jedes Jahr auf die Nöte dieser Patienten aufmerksam, da sie nicht optimal versorgt werden können. Am Dienstag, 1. Juni ist dazu von 9 bis 18 unter Telefon 0800/18 18 120 eine kostenlose Hotline geschaltet. Auch die Schmerz-Experten des Klinikums Passau beantworten dabei die Fragen von Betroffenen.

Die Schmerzambulanz des Klinikums sowie die Tagesklinik an der Hellge-Klinik sind Anlaufstation für Schmerzpatienten aus der ganzen Region. Die Nachfrage ist riesig, doch häufig brauchen die Hilfesuchenden viel Geduld, bis sie einen Termin bekommen. Darüber sind Ärztlicher Leiter Hans Conrads und sein Kollege Dr. Andras Steger nicht glücklich. Tatsache ist jedoch, dass Schmerzpatienten bundesweit zu einer unterversorgten Gruppe gehören. Das ist auch in Niederbayern so.

Die Corona-Krise verschärfte die Lage für Betroffene noch zusätzlich, die Tagesklinik musste im vergangenen Jahr vorübergehend komplett schließen. In kleineren Gruppen und mit entsprechendem Hygienekonzept ist die 20-tägige Therapie nach „multimodalem Ansatz“ aber wieder möglich. „Multimodal“ bedeutet, dass der Schmerz von verschiedenen Fachrichtungen betrachtet wird, dabei richtet sich der Fokus auf den ganzen Menschen und sein soziales Umfeld. Neben den Ärzten sind deshalb auch Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, algesiologische Fachassistenten und Psychotherapeuten im Team. Sie entscheiden gemeinsam, welcher Patient am dringendsten einen Therapieplatz braucht. Andrea Edenharder hatte im Januar dieses Glück. Die 54-Jährgie ist gelernte Altenpflegerin, das Heben von Patienten gehörte lange zu ihrem Berufsalltag. Die zunehmenden Schmerzen an der ganzen Wirbelsäule ignorierte sie viele Jahre, bis sie am Ende ihrer Kräfte war. „Dann war von einem auf den anderen Tag Schluss“, sagt Edenharder.

Zu den chronischen Schmerzen gesellen sich häufig auch Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, Probleme in der Arbeit und im sozialen Umfeld, weiß Dr. Steger. Das multimodale Behandlungskonzept soll diese Abwärtsspirale unterbrechen: indem sie Ängste der Patienten abbaut, deren Körpergefühl und Entspannungsfähigkeit stärkt, sie in Folge weniger Schmerzmittel brauchen und ihre Arbeitsfähigkeit zurück erlangen. Dr. Steger bringt es auf den Punkt: „Es geht darum, den Betroffenen wieder Lebensqualität zu geben.“  

Das gelang auch bei Andrea Edenharder. „Ich fühle mich fitter und agiler“, erzählt die dreifache Mutter, die nun auch wieder Elan für spontane Unternehmungen mit der Familie hat. In der Tagesklinik lernte Andrea Edenharder, was sie gegen Schmerzattacken tun kann, ohne gleich zur Tablette zu greifen. So gehören nun Yoga- oder Atemübungen zu ihrem Alltag.  „Bei der Therapie habe ich viele Tipps zur Selbsthilfe bekommen. Jeder kann sich rausnehmen, was ihm gut tut“, zieht Edenharder ein durchwegs positives Fazit der Behandlung, die auf jeden Patienten individuell zugeschnitten wird.  

Bei langjährigen Beschwerden reichen vier Wochen Tagesklinik allerdings nicht aus, um chronifizierte Leiden dauerhaft in den Griff zu bekommen. Nach der Therapie ist es deshalb wichtig, dass die  Patienten aus eigener Initiative am Ball bleiben. „Für viele ist es aber der erste wichtige Schritt, um ihre Schmerzen aktiv zu bekämpfen“, sagt Andras Steger. Nach zwölf Monaten besteht für die Patienten auch die Möglichkeit, die Therapie zu wiederholen. Wenn denn ein Platz frei ist.