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So sind Patienten optimal auf eine Gelenkersatz-OP vorbereitet

Experten-Ratschlag beim 11. Patiententag des Endoprothetikzentrums: Risikofaktoren in Vorfeld gezielt reduzieren

Sie standen beim 11. Patiententag für Fragen rund um den Gelenkersatz bereit: Organisator Dr. Heinz Ziegler (2.v.l.), Leiter des Endoprothetikzentrums mit (v.l.) OP-Leiter Helmut Edlbauer, Anita Sighart (Endoprothetikzentrum), Thomas Becher, Leiter der Physikalischen Therapie, Marion Simonis (Physikalische Therapie) und Susanne Nigl vom Sozialdienst. - Foto: Klinikum

Wie wichtig es ist, sich auf ein künstliches Gelenk gut vorzubereiten, und was ein Patient im Vorfeld des Eingriffs selbst dazu beitragen kann – diese Aspekte standen im Mittelpunkt des 11. Patiententags des Endoprothetikzentrums am Klinikum Passau. Nach einem Vortrag konnten die Zuhörer im gut besuchten Hörsaal zudem ihre ganz persönlichen Fragen und Anliegen an die Operateure stellen – eine Möglichkeit, die rege wahrgenommen wurde. 

„Es geht uns darum, den Patienten aktiv in den Behandlungsprozess einzubinden – schließlich geht es um Ihren Körper, um Ihr Gelenk“, betonte in seinem Vortrag Dr. Heinz Ziegler, Leiter des Endoprothetikzentrums und Leitender Arzt der Orthopädie am Klinikum. Gleich zu Beginn wurde deutlich: Bewegung ist ein wesentlicher Bestandteil einer guten OP-Vorbereitung. Sie fördere den Herz-Kreislauf, die Muskulatur und den Allgemeinzustand. Das zahle sich vor allem nach dem Eingriff aus, einer Phase, in der man körperlich erst einmal abbaut. 

Einen nachweisbaren negativen Einfluss auf das OP-Ergebnis hat hingegen der Konsum von Genussmitteln, also Alkohol und Nikotin. Schon bei fünf Gläsern Wein oder sechs kleinen Flaschen Bier pro Woche spricht man von „übermäßigem Alkoholkonsum“. Daher sollte bereits vier Wochen vor der Operation der Konsum reduziert werden. Wer raucht, hat ein erhöhtes Risiko für Wundinfektion und für Protheseninfektion. Die Empfehlung daher: Mindestens einen Monat vor der geplanten OP den Nikotinkonsum einstellen bis zur abgeschlossenen Wundheilung. 

Darüber hinaus sorgen vorausgegangene Operationen oder Injektionen für ein erhöhtes Risiko von Infektionen – darunter fallen beispielsweise Arthroskopien, also Gelenkspiegelungen. Sechs bis idealerweise neun Monate sollten nach einer Spiegelung abgewartet werden. Studien deuten außerdem darauf hin, dass intraartikuläre Injektionen mit Kortison oder Hyalart das Infektionsrisiko ebenfalls erhöhen. Empfohlene Wartezeit bis zur OP: mindestens sechs Wochen, besser drei Monate. Sollte man Fremdmaterial im Körper haben, dann gilt: „Wenn möglich vorher entfernen lassen.“ Oft ist es nämlich bakteriell besiedelt. 

Auch Diabetes mellitus kann Auswirkungen auf das OP-Ergebnis haben – ist er schlecht eingestellt, erhöht er das Risiko für Wundheilungsstörungen und Infektionen um das 1,5-fache. In einem solchen Fall ist im Vorfeld eine medikamentöse Umstellung, eine Ernährungsumstellung und vermehrt körperliche Aktivität empfohlen – dafür sind mehrere Monate einzuplanen. In Sachen Anämie, also Blutarmut, sollten alle Patienten eine präoperative Diagnostik erhalten. „Die Blutwerte vorher bitte mit dem Hausarzt abklären“, so Dr. Zieglers dringender Rat. Fallen sie schlecht aus, kann man mit einer oralen oder intravenösen Eisen-Einnahme dagegen vorgehen. 

Die Risiken für Komplikationen bei einer Gelenkersatz-OP nehmen mit dem Schweregrad einer Adipositas zu: Die Infektwahrscheinlichkeit steigt ebenso wie das Thrombose-Risiko. Trotzdem haben Studien ergeben: „Adipöse Patienten profitieren in demselben Maße von einer endoprothetischen Versorgung.“ Schon viele Monate vor der OP gelte es mit Hilfe von Diätberatung und Bewegung gegenzusteuern. Die gleiche Empfehlung gilt bei Mangelernährung, darunter fallen Unterernährung, Nährstoffmange oder Überernährung: präoperative Gewichtsoptimierung durch Ernährungsberatung. Darüber hinaus kann eine Nahrungsergänzung, etwa durch Proteine, Vitamine und Omage-3-Fettsäuren helfen. Empfohlen wird zudem die Einnahme von Vitamin D. 

Unmittelbar vor der OP empfiehlt der Experte, auch die Haut auf den Eingriff vorzubereiten. Am Tag vor der OP und am Morgen des OP-Tags sollte man ein Antiseptikum anwenden. Rasiert werde man hingegen im Klinikum.

Im Anschluss konnten die Zuhörer in großer Fragerunde ihre Anliegen vorbringen. Viele wollten etwa wissen, wann der „richtige Zeitpunkt“ für einen Knie- oder Hüftgelenkersatz gekommen sei. Wie stark müssen die Schmerzen sein? – „Das ist individuell – etwa wenn Ihre Lebensqualität immer mehr abnimmt, wenn Sie nicht mehr das machen können, was sie möchten, etwa Radfahren oder Wandern. Wenn der Nacht- und Ruheschmerz zunimmt. Wenn diese Punkte überhandnehmen und die guten Phasen weniger werden“, so die Antwort.; „Wie lange bin ich raus nach einem kompletten Knie-Ersatz?“ – Die Antwort: „Setzen Sie Ihre Erwartungshaltung nicht zu sportlich. Etwa drei bis vier Monate sollte man schon rechnen.“; „Wie weiß ich, welche Reha für mich passt?“ – „Das ist ganz individuell und sollte im Vorfeld gut überlegt werden, anhand von Fragen wie: Wie bin ich zuhause versorgt? Gibt es viele Treppen zu steigen? Manche gehen nach wenigen Tagen nach Hause, andere zur ambulanten oder in stationäre Reha“, so Dr. Zieglers Rat.; „Wie lange muss ich auf einen OP-Termin im Klinikum warten?“ – „Aktuell etwa vier bis sechs Wochen.“

An den Ständen vor dem Hörsaal konnten sich die Besucher bei Mitarbeitern aus der Physiotherapie, dem MVZ Orthopädie und dem Sozialdienst informieren.