Am 31. März hat Prof. Dr. Dietmar Elsner seinen letzten Arbeitstag am Klinikum Passau. „Natürlich wird das ein Einschnitt, aber mit knapp 65 Jahren ist das der richtige Zeitpunkt“, sagt der Chefarzt der Kardiologie über den nahenden Ruhestand, vor dem er durchaus Respekt hat. Um den Übergang gut hinzubekommen, hat Elsner für den April schon Vorsorge getroffen: Im spanischen Antequera startet er Richtung Tarifa, rund 300 Kilometer wird er alleine auf der Fernwanderroute unterwegs sein. Mit diesem Fußmarsch beginnt für Elsner ein neues Leben. Hinter ihm liegt ein langer Weg als erfolgreicher Mediziner.
Im September 2002 kam Dietmar Elsner ans Klinikum Passau. Im Gepäck hatte der neue Chefarzt der Kardiologie zehn Jahre Expertise als Oberarzt am Universitätsklinikum Regensburg. Der neue Karriereschritt erwies sich für Elsner als Glücksgriff. „Die Abteilung in Passau war schon damals sehr gut aufgestellt“, beschreibt er den Start. Auch Eingriffe im Herzkatheterlabor gab es bereits, worauf sich Elsner bereits in Regensburg besonders spezialisiert hatte. Die Arbeit im Katheterlabor macht ihm auch besonders Freude: „Hier kann man mit den eigenen Händen durch einen schonenden Eingriff Leben retten. Das ist unglaublich erfüllend.“ Regelmäßig sieht Elsner Menschen, die mit einem Herzinfarkt an der Schwelle des Todes stehen. Doch mit einer rechtzeitigen Behandlung durch Eröffnung eines verschlossenen Herzkranzgefäßes und Einsetzen einer Gefäßstütze (Stent) kann sich das Blatt innerhalb von Minuten wieder zum Guten wenden.
Gerade auf dem Gebiet der Kardiologie hat die Medizin in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, viele moderne Methoden wurden entwickelt. Dietmar Elsner lag es am Herzen, diese auch zügig am Klinikum zu etablieren. In den vergangenen 20 Jahren baute er das Spektrum seiner Abteilung kontinuierlich aus: „Es war mir immer wichtig, dass wir vorne dabei sind und den Patienten der Region eine optimale Behandlung auf hohem Niveau bieten können.“ Zu diesen innovativen Behandlungen gehörte zum Beispiel die „Katheter-Ablation“: Damit können im Herzkatheterlabor in einem Schritt Herzrhythmusstörungen untersucht und behandelt werden. Ein besonderer Meilenstein war die Einführung des „TAVI“-Verfahrens. Dabei werden Herzklappen ohne Öffnung des Brustkorbs schonend über einen Katheter von der Leiste aus eingesetzt. Dieser Eingriff eignet sich insbesondere für Patienten, bei denen das Risiko einer großen Herz-OP wegen hohen Alters oder anderer Erkrankungen zu groß ist. „Das Klinikum Passau ist die einzige Klinik in Niederbayern, die dieses Verfahren in Kooperation mit der Herzchirurgie anbietet“, so Elsner. Aber auch weitere neue Katheterverfahren, wie der Verschluss von „Löchern“ im Herzen oder die Behandlung undichter Herzklappen konnten erfolgreich eingeführt werden. Dadurch ist heute das ganze Spektrum moderner Herzkathetertechniken in Passau vertreten.
Mit rund 140 Mitarbeitern und 100 Betten zählt Elsners Fachabteilung, zu der auch die internistische Intensivmedizin gehört, zu den größten am Klinikum Passau. Jedes Jahr werden hier etwa 5000 stationäre und 3000 ambulante Patienten behandelt. „Es ist leider immer noch so, dass 50 Prozent aller Todesfälle in Deutschland auf eine Herz-Kreislauferkrankung zurückgehen“, sagt Elsner, der glücklich ist über jeden Patienten, der gerettet werden kann. „Wir müssen als Ärzte aber auch wissen, wo unsere Grenzen sind. Wenn wir alles in unser Macht Stehende getan haben und nicht mehr helfen konnten, ist das leider Schicksal“.
Als Chefarzt trug Dietmar Elsner all die Jahre hohe Verantwortung. Die Pandemie verschärfte die Arbeitsbelastung. „Corona hat uns allen viel abverlangt. Medizinisch, menschlich und psychisch“, blickt der Chefarzt auf fast drei Jahre Ausnahmezustand zurück. Sämtliche Covid-19-Patienten, die beatmet werden mussten oder die andere schwere Krankheitsverläufe zeigten, wurden auf der Intensivstation seiner Abteilung behandelt. Zusätzlich wurde auch eine komplette Normalstation seiner Klinik zur Corona-Station. „Gleichzeitig mussten wir uns aber auch um die kardiologischen Patienten kümmern, die wurden ja nicht weniger“, erzählt Elsner. „Beides zu bewältigen, war ein großer Kraftakt. Darüber hinaus fielen wegen Corona auch immer wieder Mitarbeiter aus.“
Dietmar Elsner räumt ein, dass diese Jahre seine Mitarbeiter stark belastet haben und auch an ihm nicht spurlos vorbeigegangen sind. Deshalb sei jetzt ein guter Zeitpunkt, sich aus dem Klinikalltag zurückzuziehen. „Die Abteilung braucht nun frischen Wind und neuen Elan, um sich weiter zu entwickeln.“ Sein Nachfolger als neuer Chefarzt der Kardiologie wird Privatdozent Dr. Martin Arnold, der lange Zeit am Universitätsklinikum Erlangen tätig war. Mit dieser Wahl ist Elsner mehr als zufrieden. Vor der offiziellen Übergabe hatten beide schon eine Reihe gemeinsame Termine. „Ich denke, wir hätten auch gut zusammenarbeiten können“, sagt Elsner. Die Arbeit mit seinem Team wird er vermissen. „Das Klima im Haus war etwas Besonderes, offen, kollegial und freundlich, auch zwischen den Berufsgruppen“, so Elsner, der mit vielen Chefärzten privat befreundet ist. Diese Verbindungen werden bestehen. Dem Klinikum Passau bleibt Elsner auch im Ruhestand als Vorsitzender der Ethikkommission verbunden. Und er wird im ambulanten Bereich in Teilzeit weiter kardiologisch tätig sein. Auch wenn er „viel Lust auf Neues“ hat – ein Leben ganz ohne Medizin ist für Dietmar Elsner noch nicht vorstellbar.
Vita & Privates
Prof. Dr. Dietmar Elsner ist gebürtiger Würzburger. Nach dem Abitur studierte er Medizin und Philosophie in Freiburg im Breisgau und in Leeds /England. Nach der Approbation 1984 befasste er sich an der Universität Freiburg wissenschaftlich mit der Herz-Kreislauffunktion. 1986 ging er an die Universität Würzburg, wo er sich zum Internisten und Kardiologen weiterbildete. Die nächste Station war 1992 das neu errichtete Universitätsklinikum Regensburg: Als Oberarzt baute er die dortige Kardiologie mit auf, lernte die gesamte Bandbreite der Herz-Kreislaufmedizin kennen und leitete das Herzkatheterlabor. 2002 trat er die Chefarztstelle der Kardiologie am Klinikum Passau an. Hier erweiterte er das Spektrum der Abteilung in den Folgejahren und etablierte viele innovative Behandlungsverfahren (siehe Bericht). Als neuen Schwerpunkt führte Elsner eine Abteilung für Lungenheilkunde (Pneumologie) ein und war Motor bei der Einrichtung einer IMC-Station (Intermediate Care). Hier werden schwer kranke überwachungspflichtige Patienten versorgt, die zwar keine Intensivstation benötigen, aber zu kritisch sind für eine Normalstation. Im Focus-Ärzte-Ranking der besten Mediziner Deutschlands wurden Dietmar Elsner und sein Team wiederholt ausgezeichnet. Privat hat Dietmar Elsner viele Interessen: Er ist begeisterter Hobbypilot (Motorflugzeug) und bereist gerne nordische Länder. Er liebt Kunst, klassische Musik und spielt Klavier in einer kleinen Jazz-Formation. Elsner ist verheiratet mit der Hautärztin Dr. Claudia Elsner und Vater einer erwachsenen Tochter (26), die ebenfalls Ärztin ist. Passau ist und bleibt jetzt seine Heimat.
Elke Zanner