Biu: Spitzenmedizin und Lebensqualität standen beim Krebsinformationstag am Klinikum mit (v.l.) Dr. Oliver Heupel (Darmkrebszentrum/Pankreaszentrum), Prof. Dr. Helmut Grimm (Darmkrebszentrum), Dr. Martin Dengler (Gynäkologisches Krebszentrum), Dr. Julia Lanznaster (Zentrum für Blutkrebserkrankungen), Physiotherapeutin Karin Kugler und Dr. Johannes Gebauer (Lungenheilkunde) im Mittelpunkt. Foto: Klinikum Passau
Krebs ist nicht gleich Krebs: Jeder Tumor – und auch jeder Patient – ist einzigartig. Bei dieser komplexen und lebensverändernden Krankheit zahlt es sich aus, wenn Spezialisten nach festgelegten Regeln zusammenarbeiten. Die fünf zertifizierten Zentren für Krebsbehandlungen am Klinikum Passau haben sich beim 9. Krebsinformationstag im Hörsaal des Hauses vorgestellt. Doch über die Tumortherapie hinaus können Patienten selbst eine Menge für sich tun: Experten lieferten praktische Tipps rund um Ernährung, Bewegung und Lebensstil.
Zertifizierte Zentren funktionieren nach festgelegten Behandlungs-Leitlinien. Um sich Zentrum nennen zu dürfen, sind bestimmte Fallzahlen, entsprechende medizinische Ausstattung und multiprofessionelle Teams nötig. In Tumorkonferenzen wird gemeinsam die beste Behandlungsstrategie entwickelt. „Das alles ergibt unterm Strich für die Patienten bessere Ergebnisse, als wenn die Behandlung in einem Haus stattfindet, welches diese Voraussetzungen nicht mitbringt“, machte Dr. Oliver Heupel vom Darmkrebs- bzw. Pankreaszentrum des Klinikums klar. „Unser Ziel ist: Man kann auf uns zählen. Wir beachten die Leitlinien, aber der Mensch steht im Mittelpunkt.“ Auch mit Blick auf die erwartete Krankenhausreform seien die Zentren im Klinikum Passau eine Bank, erklärte Onkologin Dr. Julia Lanznaster, die den Infotag organisiert hatte: „Unser Haus ist da sehr gut aufgestellt.“
Darmkrebszentrum/Pankreaszentrum
Das Darmkrebszentrum gibt es seit 2008, im Vorjahr wurden 129 Fälle, also neu diagnostizierte Patientinnen und Patienten, verzeichnet. Das Pankreaszentrum, in dem Bauchspeicheldrüsenkrebs behandelt wird, befindet sich mit steigenden Fallzahlen ebenfalls auf einem guten Weg. Zentrumskoordinator Dr. Heupel betonte die Nähe zum Patienten: Rasche Ersttermine sind Standard, nach der OP wird eventuelle Chemotherapie geplant, die Nachsorge gemeinsam mit den Hausärzten organisiert. Auch die Ernährungsberatung bleibt mit den Betroffenen nach der Entlassung im Kontakt, um eventuelle Probleme gleich angehen zu können.
Gynäkologisches Krebszentrum
2014 zertifiziert, versorgt das Zentrum die Region in Sachen Gebärmutterschleimhautkrebs, Eierstockkrebs, Gebärmutterhalskrebs und weiteren selteneren Krebsarten aus dem Bereich. Auch hier bietet die Arbeit im Zentrum große Vorteile, gerade durch innovative OP-Methoden, betonte Koordinator Dr. Martin Dengler: „Weil alle zusammenarbeiten, funktioniert’s.“
Brustzentrum
Seit 2019 wird im Brustzentrum des Klinikums die weitaus häufigste Krebsart bei Frauen behandelt. 283 Patientinnen stellten sich laut MUDr. Pavlina Diem im Vorjahr erstmals vor. Nicht länger als eine Woche wartet die Patientin auf ihren Ersttermin, die Behandlung fußt auf den vier Säulen Operation, Strahlentherapie, medikamentöse und antihormonelle Therapie. Eine spezialisierte Pflegekraft, die Breast Care Nurse, steht den Patientinnen zur Seite. Seit vergangenem Jahr könne man einen Wiederaufbau der Brust mit Eigengewebe ebenfalls im Haus anbieten.
Zentrum für Blutkrebserkrankungen
Das Zentrum für Blutkrebserkrankungen (Hämatologische Neoplasien), größtes seiner Art in Niederbayern, ist seit 2020 zertifiziert und behandelt über 100 Patienten im Jahr. Koordinatorin Dr. Julia Lanznaster erklärte den typischen Ablauf: Entwickeln die Patienten verdächtige Beschwerden gepaart mit auffälligem Blutbild, wird eine Knochenmarkspunktion gemacht, die gegebenenfalls eine Leukämie bestätigt. Zumindest die anfängliche Therapie dieser Patienten erfolgt vor Ort in Passau. Bei Patienten mit erhöhtem Risiko oder schlechtem Therapieverlauf wird mit den Kollegen der Universitätsklinik Regensburg eine Stammzelltransplantation diskutiert. „Bei Lymphomen werden Chemotherapien heute fast immer mit Immuntherapie kombiniert“, erklärte Lanznaster das breite Behandlungsspektrum.
Was Sport, Ernährung und Unterstützung bringen können
Rauchen ist einer der großen Risikofaktoren für Krebs. Dr. Johannes Gebauer, Leitender Arzt für Lungenheilkunde, gab Tipps zum Aufhören. Ehrliches Ansprechen des Themas Abhängigkeit durch den Arzt und das Anbieten von Hilfe sei entscheidend. Auf Rezept gebe es Apps und Trainingstherapie bis hin zu Tabakentwöhnungs-Programmen etwa in der Rehaklinik Passau-Bad Füssing. Das Dampfen, machte Gebauer deutlich, sei übrigens absolut keine sinnvolle Alternative: Die „Vapes“ als Werkzeug zum Rauchstopp zu empfehlen, „sorgen für mehr Schaden als Nutzen“.
Bewegung kann die Lebensqualität von Krebspatienten steigern und auch den Behandlungserfolg verbessern, zeigte Physiotherapeutin Karin Kugler. Sie wendet in ihrer auf Tumorpatienten spezialisierten Praxis eine medizinisch fundierte Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining an. Neben Kräftigung können Verbesserung von Therapienebenwirkungen und bei manchen Tumoren auch verbesserte Heilungsraten erzielt werden. Das Training kann wie normale Krankengymnastik verordnet werden.
Das Thema Ernährung macht Krebspatienten mitunter Probleme, erklärte Matthias Steininger, Leiter der Diätabteilung des Klinikums. Oft leidet der Geschmackssinn unter der Chemo, bestimmte Lebensmittel werden nicht mehr vertragen und der Appetit schwindet. Im Klinikum bekommen die Patienten, wenn nötig, passiertes Essen, das dem „Original“ aber in nichts nachsteht. Die Küche versorge Patienten bei Bedarf mit besonders stärkender Kost, aufgebaut auf möglichst günstiger Nährstoffversorgung. Und: „Wir geben auch gerne Tipps für Zuhause.“
Martina Oswald stellte die Krebsberatungsstelle Passau vor. In rund 1400 Beratungskontakten 2023 unterstützte ihr Team etwa in Sachen Rückkehr ins Arbeitsleben und psychischen Auswirkungen der Krankheit. „Wir beziehen die Angehörigen mit ein“, erklärte die Psychoonkologin und Sozialpädagogin. Selbsthilfegruppen und regelmäßige Telefonsprechstunden mit Experten runden das Angebot ab.