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„Mehr Verständnis für ältere Patienten“

Wie die Akutgeriatrie am Klinikum arbeitet: Früh-Reha für den Erhalt von Selbständigkeit und Lebensqualität

Geriatrie ist Teamwork: Auf der Abteilung arbeiten unter der Führung der Leitenden Ärztin Dr. Simone Hahn (vorne l.) verschiedene Berufsgruppen eng zusammen. Foto: Klinikum

Es kann der Beinbruch nach einem Sturz sein, das akute Nierenproblem, das im Krankenhaus behandelt werden muss, oder chronische Schmerzen, die überhandnehmen: Und plötzlich wird aus einem älteren Menschen, der mitten im Leben steht, ein Pflegefall. Das möglichst zu verhindern und die Lebensqualität im Alter zu erhalten, ist das Ziel der Geriatrie, der Altersmedizin. Am Klinikum Passau gibt es seit vier Jahren eine eigene Abteilung für Akutgeriatrie. Zum internationalen Tag der älteren Menschen am 1. Oktober erklärt die Leitende Ärztin Dr. Simone Hahn, was Akutgeriatrie ausmacht und wer davon profitieren kann.

Die Nummern auf den Türen der Station 13 sind so groß wie ein Pizzakarton, in jedem Patientenzimmer helfen eine große Wanduhr und ein Kalender bei der zeitlichen Orientierung: Die Akutgeriatrie mit 20 Betten ist ganz auf die Bedürfnisse von älteren Menschen ausgerichtet. Das Alter, erklärt Dr. Hahn, ist aber nur einer der Faktoren bei der Frage, wann eine Person hier gut aufgehoben ist. In der Regel sind geriatrische Patientinnen Patienten 70 Jahre oder älter. Wichtiger sei aber der funktionelle Zustand, also, wie die Person körperlich und geistig zurechtkommt. „Wir sprechen in der Geriatrie von ,Frailty‘“, so die Medizinerin, also sinngemäß übersetzt von Gebrechlichkeit. Viele Ältere hätten eine Reihe von Vorerkrankungen. Wenn ein akutes Problem der alternden Organe dazukommt, sei es Herz, Niere oder auch ein Knochenbruch, gehe es für die Patientinnen und Patienten oft rapide „bergab“. Die ungewohnte Situation im Krankenhaus, funktionelle Einschränkungen durch die Erkrankung, manchmal auch Verwirrtheit führen zum Teil dazu, dass der Alltag nicht mehr so weitergehen kann wie vorher. 

„Hier setzen wir mit unserem Programm, der geriatrischen Frührehabilitation, an“, erklärt die Geriaterin. Die Patientinnen und Patienten kämen oft direkt aus der Notaufnahme, mitunter werden sie auch von Hausärzten eingewiesen. Am Beginn des in der Regel 14-tägigen Aufenthalts steht das sogenannte geriatrische Assessment: Die Patientin oder der Patient wird von allen beteiligten Berufsgruppen, dem sogenannten multiprofessionellen Team, untersucht. Das sind zum einen Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräfte, die teils eine Zusatzausbildung in aktivierender Pflege haben. Zum anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ergotherapie, Logopädie, Psychologie, des Sozialdiensts und der Physiotherapie. „Oberste Priorität in der Physiotherapie hat dabei das Behandlungsprinzip, die ,Belastung‘ durch Therapie gegenüber der ,Belastbarkeit‘, also dem Allgemeinzustand des Patienten, abzuwägen“, sagt Thomas Becher, Leiter der Physiotherapie am Klinikum, „das heißt, es soll niemand überfordert werden“. Eine Reihe von Hilfsmitteln wie spezielle Gehgestelle, Rollatoren, Thera-Bänder oder Atemtrainer werden dabei genutzt.

 „Alle Berufsgruppen tauschen sich aus und vernetzen die Behandlungen. Dabei schauen wir nicht nur auf die Defizite, sondern ganzheitlich auf die Ressourcen des Menschen“, so Dr. Hahn. Zwei Wochen lang wird dann, in einem dem einzelnen Menschen angepassten Tempo, therapiert. Mit dem Ziel, dass möglichst viele Patientinnen und Patienten wieder nach Hause zurückkehren können und Pflegebedürftigkeit vermieden wird.  

„Für uns ist es ein Erfolg, wenn wir die Lebensqualität und die Fähigkeiten der Menschen wieder auf das Niveau vor der akuten Erkrankung bringen können“, sagt die 47-Jährige. Ihre medizinische Laufbahn begann als Internistin und Nephrologin, also als Fachärztin für Nierenerkrankungen. Das kommt ihr in der Altersmedizin, die sich als Querschnittsfach versteht, zu Gute. „Ich habe einfach gemerkt: In der Geriatrie bin ich genau richtig“, beschreibt Dr. Hahn. Vier Jahre nach dem Start der Abteilung auf Station 13 zieht die Akutgeriatrie nun zusammen mit der Nephrologie in die großzügigen Räumlichkeiten des neuen Bettenhauses. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Disziplinen habe sich einfach sehr bewährt. Danach stehen weitere Projekte in der Warteschlange, die nach und nach die Versorgung älterer Patientinnen und Patienten am Klinikum Passau verbessern sollen. Ihr Wunsch zum heutigen Tag ist: Mehr Verständnis und Sensibilität für die Bedürfnisse und Besonderheiten älterer Patientinnen und Patienten im Krankenhaus.