Wer die Diagnose Krebs erhält, ist häufig am Boden zerstört. Doch Dank des medizinischen Fortschritts und zahlreicher Vorsorgemöglichkeiten haben viele Betroffene heutzutage gute Heilungschancen. Um Patienten bestmöglich zu behandeln, ziehen die Krebsspezialisten am Klinikum Passau an einem Strang und haben sich in sogenannten Zentren zusammengeschlossen. „Für eine optimale Therapie ist es aber auch wichtig, dass Patienten und Angehörige über die Erkrankung gut Bescheid wissen“, betonte Prof. Dr. Thomas Südhoff, Chefarzt der Onkologie am Klinikum Passau, beim 7. Krebsinformationstag, der jedes Jahr im November stattfindet. Neben Südhoff klärten sieben weitere Experten in parallel stattfindenden Themensitzungen über aktuelle Behandlungsmöglichkeiten bei häufig auftretenden Krebserkrankungen auf und beantworteten Fragen der Zuhörer.
Am Klinikum Passau spiele die Versorgung von Tumor-Patienten eine große Rolle, sagte Thomas Südhoff. Schon seit fast 40 Jahren gibt es eine onkologische Schwerpunktabteilung am Haus. Im Vergleich zu den 70er-Jahren haben sich bei vielen Krebserkrankungen die Heilungschancen mittlerweile stark verbessert. Gerade in den vergangenen Jahren hätten sich erfreuliche Fortschritte ergeben, allem voran auch auf dem Gebiet der sogenannten Immun-Onkologie. Neben Chemotherapie, Bestrahlung und Chirurgie spielen Immuntherapien eine immer wichtigere Rolle in der Krebsbehandlung. Auch am Klinikum kommen schon seit vielen Jahren sogenannte Antikörpern zum Einsatz, die Tumorzellen vernichten können, erklärte Südhoff. Patienten profitieren auch von einem neuen Wirkprinzip, den Antikörpern der Klasse „Immuncheckpoint-Inhibitoren“. Diese sind in der Lage, verborgene Tumorzellen für das Immunsystem des Patienten wieder kenntlich zu machen. Diese Therapie wird meist gut vertragen und verlängert das Leben der Patienten. Besonders bei Melanomen, Nieren-, Kopf- und Hals-Tumore sowie bei Blasenkarzinomen und Lungenkrebs erzielen diese Antikörper bereits gute Erfolge. „In wenigen Jahren wird fast die Hälfte der Krebspatienten einen Immuntherapie bekommen“, so Südhoffs Prognose.
Über Brustkrebs, die häufigste Krebserkrankung der Frau, sprach Prof. Thomas Krauß. „Es gibt viele Gründe, warum Frauen, die diese Diagnose bekommen, heute Hoffnung haben können“, machte Krauß Betroffenen Mut. Denn wenn der Krebs im Frühstadium erkannt wird, etwa durch Mammografie und Sonografie, stünden die Heilungschancen mit entsprechender Therapie bei 90 Prozent. Auch die operativen Therapien sind heute weitaus schonender als die radikalen Eingriffe in früheren Jahrzehnten. „Wir entfernen nur noch so viel Gewebe wie nötig“, erklärte Krauß. Etwa 80 Prozent der Brustkrebs-Patientinnen am Klinikum könnten brusterhaltend operiert werden. Neben der OP ging Krauß auch auf die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten ein, die das Streuen des Tumors verhindern sollen wie etwa die Chemotherapie oder die Hormontherapie. Neben den medizinischen Möglichkeiten brauchen Brustkrebs-Patientinnen gerade in der Nachsorge aber auch eines: „Psychosoziale Unterstützung. Wenn die Frauen jemanden haben, der ihnen beisteht, sind die Überlebenschancen deutlich besser.“
Um die Nebenwirkungen einer Krebstherapie erträglicher zu machen, wünschen sich viele Patienten zusätzliche Behandlungen, sprich komplementäre Medizin. „Das ist keine Alternative zur Schulmedizin“, betonte Dr. Dominique Giang, Funktionsoberärztin der Gynäkologie am Klinikum Passau, und warnte Patienten auch davor, sich auf eigene Faust zu behandeln, da die Gefahr von Wechselwirkungen bestehe. Mithilfe alternativer Methoden könnten jedoch Nebenwirkungen von schulmedizinischen Verfahren gelindert werden, so Giang, die „Integrative Therapien“ am Beispiel von Brustkrebspatientinnen vorstellte. Sowohl bei der Vorbeugung von Brustkrebs wie auch bei der Therapie betroffener Patientinnen spielten drei Faktoren eine entscheidende Rolle: eine gesunde – sprich gemüsereiche, fleischarme, vollwertige – Ernährung; ausreichend Bewegung, die Spaß macht, und Entspannung (z. B. Yoga, kreative Tätigkeiten). Hinsichtlich der Ernährung wies Giang auf die wichtige Rolle der sogenannten Mikrobiome im Körper hin. Diese wirkten wie ein Schutzschild gegen Erkrankungen und könnten durch gezielte Ernährung gestärkt werden. Positiven Einfluss haben zum Beispiel rohes Sauerkraut, Joghurt und Kefir, ebenso Knoblauch, Zwiebel, Hülsenfrüchte und Ballaststoffe. Auch Bewegung und Sport müssten noch stärker in die Krebstherapie integriert werden, so Dominique Giang. Denn Inaktivität sei ebenso schädlich wie Rauchen oder schlechte Ernährung.
Um weitere Krebserkrankungen ging in den in den parallel stattfindenden Themensitzungen in den Seminarräumen. Hier referierten Chefarzt Prof. Helmut Grimm über Darmkrebs, Dr. Johannes Gebauer und Ludwig Prügl über Lungenkrebs sowie Boguslaw Gruszczynski über Pankreaskrebs. Dr. Julia Lanznaster sprach über Lymphome und Leukämien, Dr. Beatrix Löschenberger über die Vorsorge bei Gebärmutterhalskrebs sowie über die HPV-Impfung.
Die Vorträge, die im Hörsaal stattfanden, wurden aufgezeichnet und sind noch bis Ende November unter www.klinikum-passau.de/krebsinfotag2022 abrufbar.