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Am Ball bleiben gegen den Schmerz

Experten des Klinikums Passau beteiligen sich am bundesweiten „Aktionstag gegen den Schmerz“ am 2. Juni – Hotline geschaltet

Das Foto zeigt (v.r.) Hans Conrads, Dr. Andras Steger und Schmerzpatientin Paula Kronschnabl. (Foto: Zanner/Klinikum Passau)

Als Warnsignal im Körper ist der Schmerz für jeden Menschen überlebenswichtig. Doch wenn Schmerzen auch nach Monaten nicht verschwinden, wird eine eigenständige Krankheit daraus. Allein in Deutschland sind rund 23 Millionen Menschen betroffen, sechs Millionen leiden so sehr darunter, dass ihr Alltag stark beeinträchtigt ist. Am „Aktionstag gegen den Schmerz“, der jedes Jahr bundesweit stattfindet, macht auch das Klinikum Passau regelmäßig auf die Nöte chronischer Schmerz-Patienten aufmerksam. Wegen der Corona-Krise entfällt heuer der „Tag der offenen Tür“, die Experten des Hauses beteiligten sich jedoch an einer bundesweiten Hotline. Diese ist am Dienstag, 2. Juni unter 0800/18 18 120 von 9 bis 18 Uhr kostenlos zu erreichen.

Als ausgebildeter Schmerztherapeut leitet der Anästhesist Hans Conrads die Schmerzambulanz am Klinikum Passau sowie die Tagesklinik in der Hellge-Klinik. Hier können Betroffene eine 20-tägige teilstationäre Therapie nach „multimodalem Ansatz“ machen. Multimodal heißt: Der Schmerz wird von verschiedenen Fachrichtungen angegangen, neben Medikamenten spielen auch nichtmedikamentöse Therapien eine große Rolle. Zum Team gehören neben Conrads und seinem Kollegen Dr. Andras Steger deshalb auch Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, algesiologische Fachassistenten und Psychotherapeuten. Jeder Patient bekommt einen individuellen Stundenplan mit Einzel- und Gruppentherapien. „Wir haben bei der Therapie den ganzen Menschen im Blick“, sagt Hans Conrads.

Durch die Corona-Pandemie ist seit Wochen der Betrieb in der Tagesklinik jedoch nicht möglich. „Wir sind für akute ambulante Notfälle da, das Angebot in Gruppen gibt es im Moment aber nicht. Die Sprechstunden sind ausgedünnt, wir machen so viel wie möglich über Telefon“, beschreibt Conrads die momentane Lage. Da Schmerzpatienten ohnehin zu einer unterversorgten Gruppe gehören, verschärft die Corona-Krise die Situation für viele noch zusätzlich.

Paula Kronschnabl (58) aus Ortenburg hatte das Glück, noch rechtzeitig vor der Pandemie im Februar einen Platz in der Tagesambulanz zu bekommen. Sie leidet seit ein paar Jahren an Fibromyalgie. Das bedeutet: Starke Schmerzen und Muskelverspannungen am ganzen Körper, schlechter Schlaf, Abgespanntheit und Müdigkeit am Tag. Die agile, lebensfrohe Hotelfachfrau und zweifache Mutter wusste lange nicht, was mit ihr los ist, auch die Ärzte wurden nicht schlau. Das Blutbild zeigte keine Auffälligkeiten, körperlich war nichts Akutes festzustellen. Paula Kronschnabl hatte sich die Schmerzen jedoch nicht eingebildet. Je stärken sie wurden, umso mehr schlugen sie ihr auch auf das Gemüt. „Bei Fibromyalgie ist das Schmerzzentrum der Patienten besonders aggressiv. Die Schmerzen fühlen sich zwar wie Rheuma an, sind es aber nicht“, beschreibt Hans Conrads Merkmale dieser Erkrankung. Als Petra Kronschnabl die Diagnose schließlich hatte, konnte sie „erst gar nichts damit anfangen“. In der Tagesklinik lernte sie jedoch, die Krankheit anzunehmen und sie mit verschiedenen Mitteln anzugehen. Ihr helfen spezielle Infusionen, die das Nervensystem robuster machen. Mehr Bewegung, Entspannungstechniken und mehr Rücksichtnahme auf ihre eigenen Bedürfnisse haben Paula Kronschnabl wieder Lebensqualität gebracht. Häufig werden bei Fibromyalgie-Patienten auch Antidepressiva eingesetzt, die das Schmerzempfinden im Gehirn einbremsen.

Die Schmerzexperten des Klinikums kennen die Leidensgeschichten vieler Patienten. Oft geht der Linderung ein langer Weg voraus, denn Patentrezepte gibt es in der Schmerzbehandlung nicht: Was beim einen anrührt, hilft dem anderen überhaupt nicht. „Schmerz ist nicht wirklich messbar, er macht keine Flecken und Beulen, er ist in uns“, beschreibt Hans Conrads die Schwierigkeit. Weil der Schmerz nicht sichtbar ist, kommt für die Betroffenen oft erschwerend hinzu, dass sie von ihrer Umwelt nicht ernstgenommen werden.  

Conrads und sein Team hoffen, dass sie ihren Patienten bald wieder ein größeres Behandlungs-Spektrum anbieten können. Zusammen mit der Hygiene-Abteilung des Klinikums erarbeiten sie gerade ein Sicherheitskonzept für die Arbeit in kleinen Gruppen. Nach den guten Erfahrungen im Februar hat sich Paula Kronschnabl bereits für einen zweiten Aufenthalt in der Tagesklinik angemeldet. Bis es soweit ist, will sie zuhause am Ball bleiben. Sie hat gelernt, sich so sehr auf Dinge zu konzentrieren, die sie vom Schmerz ablenken, wenn sie merkt, dass sich ihr Körper wieder zusammenzieht. „Es gibt Zeiten, da ist der Schmerz dramatisch, aber ich habe auch Tage, da ist er ganz weg. Darüber bin ich sehr glücklich, doch dafür muss man auch selber etwas tun.“

Elke Zanner