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Aktuelles & Presse

Diabetes und Adipositas eng miteinander verbunden

Begleiterkrankungen standen im Fokus des 2. Passauer Gesundheitstag des Adipositaszentrums

Zahlreiche Fachleute informierten beim 2. Passauer Gesundheitstag des Adipositaszentrums, den Dr. Klaus Erich Gerauer (vorne 2.v.l.) am Klinikum leitete, darunter (hinten v.l.) Diabetologe Peter Weigl, Rechtsanwalt Prof. Dr. Peter Hüttl, Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Matthias Wettstein, Dr. Lukas Dengler, Weiterbildungsassistent der Chirurgie, sowie Diätberaterin Manuela Gallenz (l.) mit Christian Wirtz von der AdipositasHilfe Deutschland e.V. (hinten rechts) und Dieter Maier, Vorstandsvorsitzender des Diabetikerbund Bayern (vorne rechts).  Foto: Klinikum

Wie stark das Interesse an hochaktuellen Themen wie der modernen Inkretintherapie (Stichwort „Abnehmspritze“) oder auch der Volkskrankheit metabolisch bedingte Fettleber ist, zeigte der gut besuchte 2. Passauer Gesundheitstags des Adipositaszentrum samt Industrieausstellung am Klinikum.

Dass die beiden Erkrankungen Diabetes und Adipositas oft untrennbar miteinander verbunden sind, das wurde in den Experten-Vorträgen immer wieder deutlich - und fand im Kunstbegriff „Diapositas“ seinen Niederschlag, mit dem die Veranstaltung überschrieben war, die von Dr. Klaus Erich Gerauer, Leitender Arzt Adipositaschirurgie, organisiert worden war.

Nur „Abnehmspritze“ oder doch mehr? 

Über den Stellenwert der Inkretine – also Darmhormone, die die Bildung von Insulin bei der Nahrungsaufnahme bedarfsgerecht regulieren – referierte Internist und Diabetologe Peter Weigl, Ärztlicher Leiter des MVZ Diabetologie am Klinikum, und gab eine eindeutige Antwort: Die Inkretintherapie kann mehr als nur „Abnehmspritze“. Auf verschiedenste Organe wie Herz, Leber, Niere, Magen, aber auch Muskeln wurden bereits positive Effekte nachgewiesen, erläuterte der Experte. Inkretine verbessern nachweislich die Blutzuckerkontrolle, führen zu Gewichtsreduktion, vermindern Arteriosklerose, womöglich haben sie sogar günstige Auswirkungen auf den Verlauf neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson, erklärte Weigl. „Die modernen Inkretine führen hoffentlich zu mehr Therapie“, so der Internist. Bei Typ-2-Diabetes gab es bereits in nahezu allen Situationen „grünes Licht“ für eine Therapie mit Inkretinen. Entwarnung erfolgte beispielsweise bei einem möglichen Zusammenhang der Anwendung von Inkretinen und Schilddrüsenkrebs bei Menschen, ebenso wie im Zusammenhang mit Muskelabbau, so der Fachmann. Hier ist gar das Gegenteil der Fall: Menschen mit ausgeprägter Gebrechlichkeit profitieren laut Studien am meisten von einer Inkretintherapie. 

Therapie bei „Diapositas“ besteht aus verschiedenen Bausteinen

Weigl stellte zudem Therapiemöglichkeiten von der Ernährung bis zur OP bei Diabetes mellitus Typ 2 detailliert vor – wobei deutlich wurde, wie stark die Behandlung von Adipositas dabei Hand in Hand geht.  „Diabetes- und Adipositas-Zahlen kennen nur eine Richtung: nach oben“, zeigte Weigl auf: 2024 waren 9,1 Prozent der Bevölkerung von Diabetes betroffen (2010: 5,7 Prozent), unter Adipositas litten 2021 18,7 Prozent der Männer sowie 14 Prozent der Frauen. Adipositas ist mit vielfältigen Komplikationen verbunden – von kardiovaskulären Erkrankungen wie Schlaganfall über Thrombosen und Gicht bis hin zu Asthma und Schlafapnoe – und natürlich Diabetes. Deshalb ist es laut dem Diabetologen wichtig, dass Gewichtsreduktion und Blutzuckersenkungen sich auf Augenhöhe befinden. Von Ernährung und Sport über Medikamente bis hin zum Eingriff: „Eine Therapie hat verschiedene Bausteine – es gilt zu kombinieren, nur ein Baustein wird nicht ausreichen“, so Peter Weigl, der auch die hohe Wirksamkeit der Wirkstoffe Semaglutid und Tirzepatid aufzeigte. Er unterstrich, dass – egal welche Therapie – eine deutliche Gewichtsabnahme in jedem Fall mit einem Monitoring begleitet werden sollte. 

Fettleber in der Bevölkerung weit verbreitet

Mit einem ebenso aktuellen Thema – der metabolisch bedingten Fettleber – befasste sich Prof. Dr. Matthias Wettstein, Chefarzt 1. Medizinische Klinik und Ärztlicher Direktor am Klinikum. Rund 20 Millionen Deutsche sind von der metabolischen Dysfunktion-assoziierten Fettleber betroffen, etwa zwei bis drei Millionen von der nächsten Stufe: der metabolischen Dysfunktion-assoziierten Fettleberentzündung. Festgestellt werden kann erstere durch einfache Tests beim Hausarzt im Rahmen eines Check-ups oder durch eine Elastographie der Leber per Ultraschall. Therapiert wird sie z. B. mit einer Gewichtsreduktion bei Übergewichtigen, mit mediterraner Kost und/oder wiederholten Fastenkuren, mehr Bewegung, Verzicht auf Alkohol, Rauchen und Softdrinks. 

Jurist gibt praktische Tipps in Sachen Kostenübernahmeantrag

Gegen die Stigmatisierung von Adipositas-Erkrankten ebenso wie für Patientenrechte engagiert sich Michael Wirtz, Vorstandsmitglied der AdipositasHilfe Deutschland e.V., der die Fortbildung mit einem Vortrag zum Thema „Sinnhaftigkeit von Diäten“ ergänzte. Auch Rechtsanwalt Prof. Dr. Peter Hüttl setzt sich für Betroffene ein – auf juristischer Ebene. Er empfiehlt aus langjähriger Erfahrung bei Wiederherstellungsoperationen einen Kostenübernahmeantrag bei der Krankenkasse zu stellen. Sein praktischer Tipp lautete, „Befunde zu sammeln wie ein Eichhörnchen“ – etwa hinsichtlich Schmerzmedikation – und für den Fall der Fälle eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen.

Manuela Gallenz, Diabetesberaterin aus Forchheim-Hausen, widmete sich in ihrem Vortrag technischen Neuerungen auf dem Gebiet der Diabetestherapie, insbesondere modernen Insulinpumpen. Dr. Johannes Gebauer, Leitender Arzt Pneumologie, zeigte den Zusammenhang zwischen schlafbezogenen Atemstörungen und Adipositas auf und betonte, dass auch dabei eine Gewichtsabnahme eine entscheidende Rolle spielen kann. 

Studien: Mehr Lebensqualität nach Eingriffen

Der Nachmittag stand ganz im Zeichen der Chirurgie. Mit dem oftmals massiven Hautüberschuss nach drastischer Gewichtsabnahme befasste sich PD Dr. Matthias Aitzetmüller-Klietz, Oberarzt der Plastischen Chirurgie am Klinikum. Im Rahmen seiner Habilitation konnte er belegen, dass sich Straffungsoperationen positiv auf die Lebensqualität der Betroffenen auswirken. Dr. Gerauer stellte neue Operationsverfahren vor, die hauptsächlich bei erneuten Eingriffen nach einer OP Anwendung finden, die inzwischen am Klinikum regelhaft durchgeführt werden. Im Mittelpunkt der Vorträge von Dr. Lukas Dengler, Weiterbildungsassistent der Chirurgie, standen komplexe Fälle, die zuletzt am Klinikum adipositaschirurgisch interdisziplinär im Stufenkonzept behandelt wurden, darüber hinaus erste Studienergebnisse zum Thema Lebensqualität nach adipositaschirurgischen Eingriffen. In Einklang mit internationalen Studienergebnissen zeigte sich auch für die Patientinnen und Patienten des Adipositaszentrums Passau eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität nach den Eingriffen.